Letztes Wochenende besuchte ich, Pascale, den „Hof Narr“ in der Nähe von Zürich anlässlich einer Hofführung. Gemeinsam mit über hundert anderen Personen durfte ich den Hof und seine Bewohner kennenlernen.
Seit 2014 gibt es die Oase des friedvollen und nachhaltigen Zusammenseins. Auf dem Narrenhof leben Schweine, Ziegen, Pferde, Hühner, Enten, Kaninchen und allerhand andere Tiere. So unterschiedlich sie sein mögen, so gemeinsam ist ihnen ihr Hintergrund: Sie alle wurden vor dem Tod gerettet. Sei das nun ein Mastschwein, eine Henne oder ein älteres Sportpferd.
Der Besuch auf dem Lebenshof brachte viele schöne Geschichten mit sich. Gleichzeitig hat er mir aber auch umso Wichtigeres vor Augen geführt: Der Umgang mit Tieren in unserer Gesellschaft.
In diesem Beitrag möchte ich euch von den schönen Geschichten des Lebenshofs und den traurigen Seiten der Nutztierhaltung erzählen.
Was ist die Nutztierhaltung genau?
Nutztierhaltung beschreibt das Verhältnis von Menschen zu Tieren, die sie “nutzen”. Beispielsweise zur Milch-, Eier- oder Fleischproduktion.
Die Schweiz hat eines der besten Tierschutzgesetze überhaupt – und trotzdem reicht das nicht aus. Denn die Gesetze regeln bloss die Mindestanforderungen an die Haltung der Tiere.
In der Theorie kannte ich die unschönen Fakten der sogenannten „Nutztierhaltung“ bereits. Doch die Einzelschicksale zu sehen und zu hören machte mich fassungsloser als gedacht.
Das viel zu grosse Küken
Der berührendste Moment war, als ich ein 37 Tage altes Küken nach seinem ersten Tag draussen in die Wärme trug. Der kleine Körper bebte, es war ganz aufgeregt und piepste.
Nur 35 Tage verbringt ein kleines Huhn normalerweise auf der Welt. In dieser Zeit wächst es rasant zu einem ausgewachsenen Huhn auf. In einer Umgebung mit tausenden anderen Hühnern. Nach dem Monat ist das Maximum an Fleischeffizienz und Futtergabe erreicht – die Tiere werden mit Greifarmen eingesammelt und in Kisten verstaut. Das geschieht unsanft, nicht rücksichtsvoll. So kommen sie zum Schlachthof. Zu diesem Zeitpunkt piepst das kleine Huhn noch wie ein Küken: Kein Wunder, denn es ist noch ein Baby. Sollte es umfallen, kann es nicht mehr alleine aufstehen. Knochenbrüche werden in der Produktion einkalkuliert.
Die Persönlichkeit der Hühner
Weiter lernte ich, das Hühner ein Sprachsystem ähnlich zu uns Menschen haben. Mit unterschiedlichen Klicklauten verständigen sie sich, bilden Ausdrücke! Auf dem Lebenshof teilen sie ihr Gehege mit Kaninchen und Enten. Sie sind also ziemlich sozial 🙂
Zudem: Jedes Huhn hat eine eigene Persönlichkeit. Ein Huhn stiehlt beispielsweise immer den Räuchertofu aus der der Hofküche und ist beleidigt, wenn es an einer Sitzung nicht teilnehmen darf.
Wenn sie sich wohlfühlen, flattern sie dir auch schon mal auf den Schoss und lassen sich streicheln.
Ein Schwein erkennt sich selbst
Wenn man die zur Mast gezüchteten Schweine ansieht, fallen einem sofort die Proportionen auf. Die Schweine sind zu lang! Das kommt davon, dass den Tieren zusätzliche Rippen angezüchtet werden – für die maximale Fleischproduktion. Auch sie wachsen innerhalb weniger Monate zu gigantischen Tieren heran. Ohne, dass der Kreislauf das so mitmacht. In viel zu kleinen, dunklen Ställen.
So züchtet der Mensch Tiere, die kaum lebensfähig sind zu seinem eigenen Nutzen. Wie absurd ist das bitte?
Auf dem Narrenhof leben einige gerettete Mastschweine in Frieden. Sie haben Auslauf und können so ihren Schlafplatz wunderbar von ihrem Essbereich und der Toilette trennen. Schweine sind nämlich sehr reinlich. Man meinte schon es störe sie, als wir als Besucher in ihrem Bett standen.
Wenn dich ein Schwein ansieht, dann denkst du, dass es direkt in dich hinein blickt. Vielleicht dreht es sich dann etwas zur Seite, damit du ihm den Bauch kraulen kannst. Das mögen sie nämlich besonders gerne.
Schweine sind übrigens ausserordentlich intelligent. Sie erkennen sich selber im Spiegel – im Gegensatz zu Katzen und Hunden!
Über längere Zeit hinweg lernen sie auch, Menschen zu unterscheiden. So begrüssen sie die Mitarbeiter des Narrenhofs mit unterschiedlichen Grunzen.
Traurig und glücklich zugleich
Ein Besuch auf dem Lebenshof freut und schmerzt zugleich. Ich bin dankbar, dass die Tiere ein würdiges Leben leben dürfen. Gleichzeitig kommen mir die Tränen, wenn ich an alle anderen denke.
Jeden Tag werden in der Schweiz 197’000 Tiere ermordet. Sie werden ausgestallt, weil ihre Leistung nachlässt oder sie werden zur Fleischgewinnung getötet.
Wenn du einem Schwein einmal wirklich in die Augen geschaut hast und ein Huhn dir auf den Schoss hüpfte, dann kannst und wirst du diesen Wahnsinn nicht weiter vertreten.
Wichtig ist mir: Ich verurteile nicht die Bauer* und Bäuer*innen. Sie sind Teil eines Systems, dass auf maximalen Profit ausgerichtet ist. Ein System, das Leben kategorisiert und wertet.
In meinen Augen hat niemand das Recht, über ein Leben zu bestimmen. Nicht bei uns Menschen und auch nicht bei Tieren. Ein Besuch auf einem Lebenshof zeigt dies wunderbar auf.
Danke an den Hof Narr für die Führung!