Im kleinen Dorf Frutigen trifft das klare Quellwasser vom Berg auf fernöstliche Esskultur. Hier wird Tofu hergestellt. Wir haben uns aufgemacht, um mehr über die Herstellung von Tofu und “Futur Natur” zu erfahren.
Morgenstunde in Frutigen
Die ersten goldenen Sonnenstrahlen berühren die umliegenden Berggipfel als wir in Frutigen eintreffen. Schüler in Skimontur drängeln zum Bus in Richtung Adelboden und wir gehen weiter in Richtung Dorfkern. Bei einem unscheinbaren Haus neben einer Pizzeria biegen wir in eine Einfahrt ab. Kein Schild und kein Wegweiser verrät, wohin wir unterwegs sind.
Der Ton der Klingel dringt bis nach draussen. Herzlich werden wir von Samuel Klopfenstein begrüsst. Seit 2017 führt er den Familienbetrieb „Futur Natur“ durch die Geschäftslandschaft und lädt uns gleich direkt in die Produktion ein. Ausgestattet mit Haarnetz und Hygienemantel begleiten wir ihn. Die Räume sind von Lampen erhellt, denn es ist früh – vor allem für uns. Die Produktion startet bereits um fünf Uhr morgens „Damit man noch was vom Tag hat“ wie Samuel erklärt.
Viel Wasser und Tonnenweise Soja als Grundlage für den regionalen Tofu
Unsere Schuhe stecken in Gummistiefeln, zum Glück. Auf dem Boden, auf den Tischen, im Trog und auch im Kessel: Überall plätschert Wasser. Und wie wir lernen, ist Wasser eines der wichtigsten Elemente der Tofuherstellung. Natürlich ist es umso schöner, das feinstes Frutiger Trinkwasser, direkt aus den Bergen, zum Einsatz kommt. Das lässt den Einzugskreis der Zutaten klein erscheinen.
Klein wirkt er sowieso schon – auf alle Fälle im Vergleich zu anderen Herstellern. Das Soja wird im Berner Seeland angebaut und kommt, durch eine Mühle vertrieben, ins Kandertal.
Auf unsere Frage, was denn die Vorteile des regionalen Sojas seien antwortet uns Samuel: „Es ist regional, was für Vorteile braucht es sonst?“ Ob nun eine Sojabohne aus dem südlichen Italien mehr oder weniger Eiweiss enthält, spielt für Futur Natur keine Rolle. Wichtig ist die interne Verknüpfung, die Unterstützung von Schweizer Bauern.
Eine Prise Fernöstliches
Eine kleine aber wichtige Zutat kommt dann aber doch aus dem fernen Japan. Ohne diese kann ein Teil des Firmenvorsatz nicht erreicht werden: Die Herstellung von Tofu im traditionellen, japanischen Verfahren. Dazu braucht es „Nigari“. Ein Stoff aus dem Meer, ein Gerinnungsmittel. Die benötigte Menge? Wenige hundert Kilogramm auf zehntausende Tonnen fertig produzierten Tofu.
Nigari könnte durch eine regional angebaute Säure ausgetauscht werden. Dann würde der Tofu aber nicht die gewünschte, weiche Konsistenz erreichen. Herkömmliche Säuren wie zum Beispiel Zitronensäure oder eine Mischung aus Magnesium-Chlorid und Nigari-Anteilen wird immer zu einem festeren Ergebnis führen.
Schritt für Schritt: Die Herstellung von Tofu
Während wir all dies bei der Führung durch die Produktion lernen, haben wir kalte Füsse und heisse Köpfe: Es dampft, so dass wir zeitweise kaum etwas sehen. Unsere Kameralinsen beschlagen und die Audioaufnahme wird gestört von lauten Geräuschen.
Für die Herstellung von Tofu passiert nämlich so einiges. Es wird erhitzt, gefiltert, gepresst und gekühlt, wie es nur geht.
1. Die Sojabohnen werden eingeweicht
Im ersten Schritt werden die Sojabohnen in Wasser eingeweicht. Dabei nehmen sie ein Vielfaches ihres Gewichts in Wasser auf und quellen. Dieser Vorgang dauert etwa eine Nacht lang.
2. Aus den Sojabohnen wird Mus
Am nächsten, frühen Morgen werden die gequellten Sojabohnen durch eine Art Passe-Vite getrieben. Es entsteht kübelweise Bohnenmus, welches für uns ein bisschen wie Hummus aussieht.
3. Das Bohnenmus wird erhitzt
Dann wird das Bohnenmus in einem grossen Kessel erhitzt.
4. Die Masse wird gefiltert
Die heisse Masse wird anschliessend durch einen Stofffilter gedrückt. Dabei werden die festen Bestandteile, das Okara, von den Flüssigen, die Sojamilch, getrennt.
5. Gerinnen mit Nigari
Die Sojamilch wird mit Nigari angereichert und die Mischung flockt aus. Durch sorgfältiges Rühren gibt es die nötigen, grossen Flocken. Das Restwasser wird abgegossen.
6. Der Tofu wird in Form gepresst
Nun wird die Masse für einige Minuten gepresst. Im Anschluss wird der fertige Tofu in Stücke geschnitten und rasch im fliessenden Wasser ausgekühlt.
7. Der Tofu wird verpackt
Wenn der Tofu kalt ist, wird er vakuumiert und anschliessend pasteurisiert. So bleibt er länger haltbar.
Foodwaste in der Tofuherstellung?
Wir waren erstaunt zu lernen, dass in der Tofuherstellung einiges an Foodwaste generiert wird. Wie geht das bei einem Lebensmittel, welches wir als nachhaltig ansehen?
Verantwortlich dafür sind die beim Filtern anfallenden festen Bestandteile, das sogenannte Okara: Alle Ballaststoffe und Nahrungsfasern, die übrigbleiben. Also eine Masse, die eigentlich definitiv nicht in die Mülltonne gehört.
„«Okara hat drei Mal so viel Protein wie Kartoffeln, kaum Kohlenhydrate, viele ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe. Ein ideales Lebensmittel»“
Bruno Wüthrich, Spitzengastronom aus Spiez
Es wird in der Schweiz als Tierfutter verwendet, unter Äcker gepflügt oder landet in der Biogas-Anlage. Ausserdem fällt Okara nicht nur in der Tofuherstellung an, sondern auch bei der Produktion von Sojamilch.
Futur Natur verwendet das Okara als Tierfutter und hat nun begonnen, es auch im Markt anzubieten.
Von der Metzgerei in die Metzgerei
Früher war die Produktionsstätte von Futur Natur eine Metzgerei. Seit 1992 werden in den Räumen nur noch pflanzliche Lebensmittel verarbeitet. Dabei wird die bestehende Infrastruktur aber immer noch genutzt. Da sind beispielsweise die grossen Räucherschränke, in welchen der Tofu im traditionellen Verfahren für einige Stunden geräuchert wird.
Die grüne Welle merkt Futur Natur auch: Das vermehrte Interesse an nachhaltigen Produkten ist fühlbar und gerade jetzt, im Januar, für sie besonders deutlich. Dabei weiss in Frutigen, laut Samuel Klopfenstein, kaum jemand über die Tofuproduktion in ihrer Mitte Bescheid. Wobei sich das langsam zu ändern beginnt.
Der „echte, regionale Schweizertofu“ wird mittlerweile in der lokalen Dorfmetzgerei angeboten. Wie sich da der Kreis nicht wunderbar zu schliessen beginnt.
// Danke Futur Natur und Samuel Klopfenstein für den Einblick in die Tofurei!
2 Kommentare
Guten Tag!
Ich bin aus Österreich und wir produzieren auch ab Hof aus unseren Sojabohnen Tofu.
Ich wollte fragen wie lange der Tofu bei welcher Temparatur pasteurisiert wird?
Danke für die Antwort.
Mfg
Bernhard KLUTZ
Lieber Bernhard, dazu können wir dir leider keine Auskunft geben. Am besten wendest du dich direkt an die Tofurei in Frutigen!
Liebe Grüsse