Es scheint ganz logisch, dass wir beim Gespräch über eine nachhaltige Ernährung auf das Thema Gesundheit treffen. Was heisst es, gesund zu essen? Was ist nötig, was zu viel und was zu wenig?
Wir trafen Nathalie zwischen exotischen Gewächsen im Botanischen Garten der Universität Bern (BOGA) und sprachen ausführlich über ihre Arbeit als Ernährungsberaterin. Die wichtigste Frage, die uns auf dem Herzen lag: «Wie sieht eine gesunde, nachhaltige Ernährung aus?»
Im Rahmen der Kulinata 2021 führen wir, in Zusammenarbeit mit dem Amt für Umweltschutz der Stadt Bern, Interviews mit Expert*innen zu Themen der nachhaltigen Ernährung. Die Kulinata ist das Festival für nachhaltige Ernährung und findet, mit unterschiedlichsten Veranstaltungen für Gross und Klein, vom 18. bis 24. September 2021 in und um Bern statt.
Nathalie studiert Ernährung und Diätik. Auf ihrem Blog nathaliepfister.ch schreibt sie über Nachhaltigkeit im Alltag. Du findest dort leckere saisonale Rezepte und Inspiration für ein gesundes Leben! 🙂
Zuerst einmal; Was ist überhaupt Gesundheit?
Gesundheit heisst für uns Menschen nicht nur die Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit ist, wenn es einem gut geht und Mensch sich wohlfühlt. Dazu gehört nebst der körperlichen auch die psychische Gesundheit.
Gerade im Bereich der Ernährung fokussieren wir meistens darauf, von was wir wie viel essen sollten (oder eben nicht). Dabei geht es auch darum, Zugang zu Nahrungsmitteln und die Entscheidungsfreiheit zu haben, was wir morgen essen.
Neben der individuellen Gesundheit ist aber auch das grosse Ganze wichtig.
Gesund sein können wir erst, wenn Gesundheit nicht nur die menschliche Gesundheit umfasst, sondern auch die Gesundheit aller Tiere und unserer Ökosysteme. Sie hängt direkt von der Widerstandsfähigkeit und Stärke unserer Existenz, unserer Gesellschaft und der Wirtschaft ab.
eatforum.org
Da für eine umfassende Gesundheit für uns all diese Bereiche intakt sein müssen, können wir nicht ausschliesslich über Nährstoffe und Kalorien sprechen.
Über das Kleinste im grossen Ganzen: Kalorien, Proteine und Fette
Und trotzdem ist die Diskussion über das Essen auf unseren Tellern zentral. Denn so, wie wir uns in der westlichen Welt gegenwärtig ernähren, ist die Gesundheit all jener Teile der Summe nicht gewährleistet.
Wir essen zu viele tierische Produkte, hochverarbeitete Lebensmittel und achten uns zu wenig auf eine ausgewogene Ernährung mit allen Grundbausteinen. Diese brauchen wir um langfristig körperlich gesund zu bleiben: Hierbei sprechen wir über Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Über Gemüse und Früchte und die Produktion ohne giftiger Substanzen.
→ Lies hier mehr über eine nachhaltige Ernährung, wieso unsere aktuelle Form es eben nicht ist.
Ansätze einer gesunden Ernährung für Körper und Planet
Es gibt verschiedene Modelle, wie unsere Ernährung in Zukunft aussehen sollte. Ansätze liefert zum Beispiel die «Planetary Health Diet». Sie zeigt uns, mit welcher Zusammensetzung an Nahrungsmittel wir uns nachhaltig ernähren können.
So sind Lebensmittel, die besser für unseren Planeten sind (d.h. weniger Klimabelastung aufweisen) oft zugleich auch diejenigen, welche für uns gesund sind.
Es ist auffällig, dass dies vor allem pflanzliche Proteine sind. Sie werden in Zukunft vermehrt die Position von Fleischprodukten einnehmen und ersetzen stellenweise auch den Konsum anderer tierischer Lebensmittel.
Nathalie hat einen super-informativen Beitrag über pflanzliche Proteine aus der gesundheitlichen Sicht geschrieben. Du kannst ihn hier lesen.
Zugleich besteht eine gesunde und nachhaltige Ernährung in Zukunft vermehrt aus unverarbeiteten Zutaten. Eine breite Vielfalt an Früchten und Gemüse sowie Nüssen werden ergänzt (falls individuell gewünscht) durch kleine Portionen Fleisch und Milch.
In Zukunft soll unsere Ernährung also pflanzlicher, bunter, abwechslungsreicher und diverser werden. Das ist gut für den Körper, den Planeten und die Tiere. Das klingt nach einem überschaubaren Rezept für die Ernährung unserer Gesellschaft.
Langfristige Gesundheit für alle folgt keinem Patentrezept
Für eine langfristige Gesundheit ist auch die psychische Gesundheit grundlegend wichtig.
Es gibt nicht die eine Ernährungsform, welche zu jeder und jedem passt.
Nathalie
Nathalie macht diese Aussage, welche bei uns hängen bleibt.
Wir alle mögen spezifische Lebensmittel und und gewisse Speisen sind uns quasi kulturell anerzogen worden. Diese Gewohnheiten und Traditionen sind nicht zu ignorieren, wenn wir über eine nachhaltige Ernährung sprechen. Sie geben uns Routine, Halt und ein Zugehörigkeitsgefühl.
Richtig gesund wird unsere Ernährung erst, wenn wir auf diese eigenen, individuellen Bedürfnisse eingehen. So mögen wir vielleicht eine bestimmte Schokolade – diese können wir weiterhin essen, auch wenn wir Teile unseres Essens zu verändern beginnen. So werden wir auch unserer Psyche gerecht.
Das Gleichgewicht wird geschaffen durch das, was wir kennen und mögen und durch die kleinen Veränderungen. Jede*r lebt am Ende seine eigene Form der nachhaltigen Ernährung – erst so können wir sie langfristig umsetzen und beibehalten.
Was heisst das nun?
Eine gesunde Ernährung bedenkt den Zustand von Körper, Geist, Tiere, Mitwelt und unsere gesellschaftliche Systeme. Das Thema Gesundheit ist damit komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.
Ein guter Grundsatz für eine gesunde und zukunftsfähige Ernährung ist, mehr unverarbeitete und pflanzliche Lebensmittel zu konsumieren und dabei auf eine gute Verteilung von Kohlenhydrate, Proteine und Fette zu achten. Dabei ist es wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und sich nicht von gewissen Ernährungsphilosophien stressen zu lassen.
Schlussendlich zählt jeder kleine Schritt. Erst, wenn eine umfassend gesunde Ernährung allen zugänglich wird, erfüllt die langfristig gesunde Ernährung ihr Ziel der Nachhaltigkeit.
Das schaffen wir durch Bildung und durch eine bessere Verfügbarkeit gesunder Lebensmittel. So zum Beispiel als pflanzliche Menü-Optionen in Kantinen und bezahlbare, vollwertige Lebensmittel.
Was werden wir morgen also essen? Viel Früchte und Gemüse, frische Produkte. Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Und: etwas für den Gluscht.