Der Kleinbauernverein der Schweiz rief im September zur Regiochallenge 2020 auf. Während sieben Tagen war das Ziel, sich ausschliesslich mit regionalen Lebensmittel aus dem Umkreis von 30 Kilometer zu ernähren. Ich, Pascale, habe mich der Challenge gestellt. In diesem Beitrag erzähle ich euch von den Herausforderungen und was ich alles während dieser kurzen, intensiven Zeit entdeckte.
Immerhin ist Mitte September eine wunderbare Zeit, um so ein Selbstversuch durchzuführen. Der Übergang zwischen Sommer und Herbst bringt die grösste Auswahl an reifen Früchten- und Gemüsesorten aus der Region. ich dachte mir, dass das ja wohl nicht so schwierig werden würde 🙂
Während der Challenge durften drei Joker eingesetzt werden. Für mich waren dies Kaffee und Salz. Der dritte Joker war für mich ein Mittagessen mit Arbeitsfreunden.
Die Herausforderungen der Regiochallenge
Auf Urkraut schreiben wir mittlerweile fast ein Jahr über die nachhaltige Ernährung. Wir kochen mit Lebensmittel aus Schweizer Anbau und versuchen mit saisonalen und veganen Zutaten spannende Rezepte zu kreieren. Damit sollte ich ganz gut gewappnet sein, dachte ich mir. Und obwohl das sicher ein kleiner Vorteil war, brachte die Woche ihre Schwierigkeiten mit sich.
Der erste Morgen startete erstmal mit ein paar Zwetschgen aus dem Garten und einer Tasse Kaffee – nicht eben ausgewogen und nahrhaft. Ich hätte mich also schonmal besser vorbereiten sollen 🙂
Wo ziehe ich die Grenze?
Ganz spannende Fragen stellten sich gleich zu Beginn: Wo zieht man die Grenze zwischen regionalen und „fremden“ Produkten? Müssen vom Rohstoff bis zum Endprodukt alle Ressourcen und Arbeitsschritte in der Region liegen?
Ich entschied für mich, dass dies möglichst der Fall sein sollte. Überall dort, wo ich etwas nicht wusste, wollte ich nachfragen oder recherchieren.
Manchmal liess sich dieses Vorhaben dann nicht ganz so einfach umsetzen. Der Zucker in der Konfitüre aus dem Hofladen war beispielsweise zwar Schweizer Zucker, aber ob er aus der Region kam konnte ich nicht nachvollziehen. Und wenn in einem Hofladen Himbeeressig verkauft wurde, dann fragte ich nach Möglichkeit nach woher die Essigbasis kam.
Das Brot aus der Reformbäckerei Vechigen (das allerbeste, dass ich je gegessen habe) wurde unter anderem mit Hefe hergestellt, die aus Deutschland kam. Hiesige Hefe habe ich nicht gefunden (und die Zeit für einen Sauerteig blieb mir leider nicht). Damit ich also nicht verhungerte, probierte ich das Vorhaben so gut wie möglich umzusetzen – ohne mich verrückt zu machen 🙂
In der gleichen Woche fand noch der Foodsave Märit mit einem Foodsave-Takeaway statt. Gerettete Lebensmittel waren in diesem Fall für mich aus der Regiochallenge ausgenommen.
1. Vegan
Unter dem Hashtag #regiochallenge2020 posteten alle Teilnehmenden ihre Mahlzeiten. Das war einerseits eine tolle Inspiration, aber andererseits für mich auch eine kleine Ernüchterung: viel wurden Milchprodukte und Fleisch durch dieselben Lebensmittel aus der Region ersetzt. Dies war für mich kaum möglich, denn pflanzliche Jogurths und Proteinquellen wie Tofu gibt es einfach nicht – schon gar nicht, wenn von den Rohstoffen bis zum Endprodukt alles in der Region hergestellt werden sollte. Das nächstmögliche wäre wohl der „Futur Natur“ Tofu aus dem Berner Oberland gewesen, aber diese Produktion liegt nicht im 30 Kilometer Radius um mein Zuhause.
Das Essen von pflanzlichen Fettquellen gestaltete sich als ziemlich schwierig, denn neben Kürbis- und Sonnenblumenkernen blieb mir nur ein paar wenige Baumnüsse. Natürlich hätte ich Haselnüsse sammeln gehen können, aber das war mir zeitlich leider nicht möglich.
2. Keine verarbeiteten Lebensmittel
Selten habe ich so naturbelassen und gesund gegessen wie in dieser Woche!
Um den Ursprung aller Zutaten nachvollziehen zu können, bleiben bereits verarbeitete Lebensmittel aussen vor. Wenn dann trotzdem etwas Leckeres mit Zutaten aus der Region produziert wurde, dann war es selten vegan. So brauchte es ziemlich viel Zeit, alle Mahlzeiten und Snacks komplett selber zuzubereiten, ohne auf eine fertige Tomatensauce oder Pasta zurückgreifen zu können. Das war ziemlich schwierig – mit etwas Gewohnheit aber eigentlich total machbar! Gleichzeitig hat mir das aber auch mit am besten gefallen. Ich musste mir nämlich automatisch mehr Mühe geben bei meinen Mahlzeiten und dadurch fühlte ich mich Ende der Woche einfach gut 🙂
3. Umstellung der Essgewohnheiten
Mit der angepassten Kochweise kam auch eine kleine Umstellung meiner Essgewohnheiten hervor. Ich realisierte, wie oft ich auf verarbeitete Lebensmittel zurückgreife. Ohne, dass mir das vorher je aufgefallen wäre! Sei das ein Sojajogurth, pflanzliche Milch oder Tomatenmark und Senf aus dem Glas.
Lebensmittel, mit welchen ich fix gerechnet hatte, fand ich partout nicht aus der Region. So zum Beispiel Haferflocken! Also musste ich mir etwas anderes einfallen lassen: Statt Haferflocken mit selbstgemachter Hafermilch zum Frühstück gab es meistens Dinkelbrot und Konfitüre.
Weiter habe ich im Umkreis von Bern keinen regionalen Zucker und eben Tofu gefunden. Dafür habe ich sonst unglaublich viel Tolles kennengelernt!
4. Würzen mit regionalen Gewürzen
Neben Salz wollte ich für Gewürze nicht auch noch zusätzlich einen Joker draufgehen lassen. Also würzte ich meine Mahlzeiten mit viel Kräuter! So kamen die Kräuter aus meinem Garten wenigstens einmal in meine Küche. Sonst verlasse ich mich nämlich gerne auf Gewürze, die ich schnell griffbereit habe… Das führte zu interessanten Geschmackskombinationen!
Regional Essen: Was ich während der Regiochallenge entdeckte
Während der Challenge habe ich natürlich viele neue Produkte kennengelernt und feines entdeckt. So zum Beispiel folgendes:
- Rapsöl aus Liebiwil
- Baumnusskerne aus Bern und der ganzen Schweiz: Eine tolle Idee von Martin Frei. Er sammelt nicht abgeerntete Baumnüsse aus der ganzen Schweiz und lässt sie in Zusammenarbeit mit beeinträchtigten Personen knacken.
- Das allerbeste Brot gegessen: Aus der Reformbäckerei in Vechigen
- Kichererbsen von einem Biohof aus der Region
Und finanziell?
- Ich habe es nicht genau durchgerechnet und verglichen, aber mir schienen die Lebensmittel teurer zu sein. Das mag aber auch daran liegen, dass ich vorwiegend biologisch einkaufte. Aber es fühlte sich irgendwie besser an, vierzig Franken in einem Hofladen zu zahlen, als im Supermarkt.
Und jetzt?
Ich habe mir die Frage gestellt, wie ich dieses Essverhalten weiter fortsetzen könnte – ohne mich verrückt zu machen. Momentan liebäugle ich mit der Idee, jeden Monat eine Regiowoche durchzuführen. Mal schauen!
Mein Fazit zur Regiowoche 2020
Durch die Regiochallenge lernte ich tolle, hiesige Produkte kennen. Gleichzeitig zeigte sie mir, wie sehr ich gutes, gesundes Essen schätze. Seit der Woche wünschte ich mir nämlich manchmal die feinen Bowls zurück, die ich mir immer zusammengestellt habe!
2 Kommentare
Hallo Pascale
Sehr spannend. Hafermilch aus der Region gibt es vom Biohof Hübeli in Kallnach, einem veganen Hof. Habe vor kurzem dort eine Reportage gemacht.
https://de.refarmd.com/biohof-huebeli
Da kann man dann die Hafermilch auch in Bern abholen…
Lieber Matthias
Merci für deinen Kommentar! Von genau dieser Hafermilch habe ich nun auch letztens gehört. Schön, dass du eine Reportage darüber machen konntest 🙂 Kann ich mir die wo ansehen?
Liebe Grüsse, Pascale